von Dipl.-Jur. Niklas Mühleis
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) beschäftigt nun immer häufiger die deutsche Gerichtsbarkeit. In einer kürzlich ergangenen Entscheidung des LG Würzburg wurde die unzureichende Datenschutzerklärung auf der Website der Beklagten als Wettbewerbsverstoß anerkannt. Nach dieser Ansicht haben daher Mitbewerber die Möglichkeit fehlende Datenschutzerklärungen kostenpflichtig abzumahnen. Dies war jedoch erst der Startschuss für die juristische Debatte um die Deutungshoheit der DSGVO. Das Landgericht Bochum vertrat in einem Urteil vom August diesen Jahres eine gegenteilige Auffassung.
Gegenstand des Rechtsstreits war die Abmahnung eines Online-Druckereibetriebs gegenüber einer Mitbewerberin. Mit der Abmahnung wurde unter anderem das Fehlen von Informationen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen beanstandet. Die Zulässigkeit der Abmahnung hinsichtlich dieser Versäumnisse wurde vom Landgericht im Zuge des ergangenen Versäumnisurteils anerkannt.
Darüber hinaus wurden jedoch auch Verstöße gegen Art. 13 der DSGVO abgemahnt. So hielt die beklagte Online-Druckerei auf ihrer Website lediglich eine unzureichende Datenschutzerklärung vor, in der die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben zum Verantwortlichen für den Datenschutz, zur Speicherdauer der personenbezogenen Daten und zu den Rechten auf Löschung, Beschwerde und Berichtigung fehlten.
In dem sehr ähnlich gelagerten Fall des LG Würzburg, entschied dieses, dass eine solch unvollständige Datenschutzerklärung einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 und § 3a UWG darstellt und somit als Verstoß gegen den lauteren Wettbewerb „abmahnbar“ ist.
Das Landgericht Bochum entschied sich vorliegend jedoch gegen diese Rechtsfolge. Zwar erkennt die Landgerichtskammer an, dass die Frage der Abmahnbarkeit von Datenschutzerklärungen derzeit umstritten ist, vertritt aber dennoch den Standpunkt, dass ein (unbeteiligter) Verband, wie beispielsweise Mitbewerber oder die sog. „Abmahnvereine“, nicht dieselben Rechte wahrnehmen kann wie eine betroffene Person. Hierzu bezieht sich das LG auf die Artikel 77 bis 84 der DSGVO, welche nach der Auslegung der Kammer die Ansprüche von Mitbewerbern ausschließt.
Mit dieser Entscheidung geht das Landgericht Bochum bewusst auf Konfrontationskurs mit der Entscheidung aus Würzburg, was wir grundsätzlich begrüßen. Die bestehende Abmahnpraxis in Deutschland, nach der Unternehmen ihre Mitbewerber kostenpflichtig abmahnen können, ist in Europa einzigartig und steht schon seit längerem in der Kritik. Auf eine Anfrage im Bundestag hin äußerte sich sogar die Bundesregierung hinsichtlich „Abmahnvereinen“ und der befürchteten „Abmahnwelle“ aufgrund der DSGVO äußerst kritisch.
Ernsthafte Bestrebungen die aktuelle Rechtslage zu ändern und damit der Abmahnindustrie einen Riegel vorzuschieben sind derzeit jedoch nicht ersichtlich. Bis es soweit ist, bleibt die Frage, ob eine fehlende oder unvollständige Datenschutzerklärung „abmahnbar“ ist Auslegungssache der Gerichte. Die von vielen Seiten befürchtete „Abmahnwelle“ dürfte damit auch weiterhin ausbleiben. Auch wenn die Entscheidung des Landgerichts Bochum keine höchstrichterliche Entscheidung ersetzt, so muss nun jeder, der einen Mitbewerber aufgrund der DSGVO abmahnt, mit einem zeit- und kostenintensiven Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang rechnen.
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