Datenschutzrecht

Massenabmahnungen wegen Google-Fonts: Wie sollten Sie reagieren?

Wir berichteten bereits in der Vergangenheit über das Urteil des LG München im Hinblick auf Schadensersatzforderungen wegen nicht datenschutzkonformer Einbindung von Google Fonts durch Websitebetreiber. In Folge dieser Entscheidung entstand sowohl für findige Privatpersonen als auch für Abmahnanwälte eine willkommene Gelegenheit, die DSGVO zur persönlichen Bereicherung zu zweckentfremden. Zahlreiche überforderte Seiteninhaber sehen sich nun mit Massenabmahnungen – vor allem durch den Rechtsanwalt Philipp Brandt der Kanzlei brandt.legal, den Rechtsanwalt Kilian Lenhard sowie den Rechtsanwalt Dikigoros Kairis aus der Kanzlei RAAG – konfrontiert, bei denen die tatsächliche Rechtslage für Betroffene oft unklar ist. Wir erklären Ihnen im folgenden Beitrag, was sich hinter dem vermeintlichen Anspruch verbirgt und wie Sie mit einer Abmahnung am besten umgehen sollten.

Der rechtliche Hintergrund

Alle Abmahnschreiben bezüglich der rechtswidrigen Nutzung von Google-Webfonts beziehen sich auf das Urteil des LG München vom 20.01.2022 – 3 O 17493/20. Im damals zu klärenden Rechtsstreit hatte das Gericht zu entscheiden, ob durch die Einbindung von Google Fonts-Schriftarten das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt wurde.

Google Fonts ist ein Dienst der Google LLC, es handelt sich dabei konkret um einen open-source Katalog, welcher einer Vielzahl von Schriftarten enthält. Diese können für die Gestaltung der eigenen Website kostenlos verwendet werden, weshalb sich das Angebot großer Beliebtheit erfreut. Websiteersteller können das System auf zwei unterschiedliche Arten einbinden:

  1. Der Websiteersteller lädt die gewünschte Schriftart herunter, sodass beim Anzeigen der Webseite lediglich auf Inhalte aus den eigenen Speichermedien zurückgegriffen wird. Diese Variante ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden.
  2. Der Websiteersteller greift auf die dynamische Einbindungsfunktion des Dienstes zurück, wodurch beim Aufrufen der Webseite immer ein Code seitens Google Fonts erzeugt wird. Durch den Klick auf die Seite entsteht eine Verbindung zu den Google-Servern, damit die Schriftart lädt und angezeigt werden kann. Der von den Abmahnern geltend gemachte Anspruch basiert auf dieser servergebundenen Nutzungsvariante.

Problematisch an der zweiten Variante ist der Umstand, dass beim Verbindungsaufbau zum Google-Dienst die IP-Adresse des Seitenbesuchers an Google mitgeteilt wird. Für die Übertragung der Nutzeradresse hat der Seitenbetreiber nämlich in der Regel keine Einwilligung des Besuchers eingeholt. Hierin sah das LG Anlass, einen Verstoß im Sinne des Art. 82 DSGVO anzunehmen, welcher mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 100 € bemessen wurde.

Die praktischen Konsequenzen

Die Rechtsauffassung des LG München ist schnell auf Missmut gestoßen. Das Ergebnis des Gerichts gilt unter Fachleuten zwar als „Ausreißerurteil“, jedoch hindert dies Massenabmahner, aber auch Privatleute nicht daran, genau diesen geltend gemachten Schadensersatzanspruch von einer Vielzahl von Webseitinhabern einfordern zu wollen. Die Abmahner suchen zu diesem Zweck gezielt im Internet nach Seiten, die sich der zweitgenannten Verwendungsvariante bedienen. Dies wird erkennbar, wenn sich im Seitenquellentext der Zusatz „fonts.googleapis.com“ oder „fonts.gstatic.com“ wiederfindet. Websiteinhabern ist zu empfehlen, die Verwendung von Google Fonts auf lokale Speicherdateien umzustellen, damit potenzielle Ärgernisse für die Zukunft vermieden werden. Sofern Sie sich unsicher sind, ob Ihre Seite überhaupt auf die dynamische Einbindungsvariante zurückgreift, können Sie dies durch Prüfungsportale im Internet einfach und klar verständlich ermitteln.

Wie reagiere ich bestmöglich auf ein Abmahnschreiben?

Ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, sollten Sie sich von einer eindrucksvoll klingenden Abmahnung keineswegs beeindrucken lassen. Ist ihr Abmahnschreiben durch eine Privatperson verfasst worden, wird ein Anspruch in Höhe von 100 €, respektive 170 € eingefordert. Solche Abmahner können Sie weitestgehend ignorieren, da es sich um substanzlose Schreiben handelt, die den Rechtsverstoß förmlich gesucht und gewünscht haben. Dennoch sollten Sie die Nutzung von Google-Webfonts über die Verwendung eines Cookies unterbinden und diese über eine direkte Einbindung umgehen.

Liegt Ihnen ein Schreiben von einer Anwaltskanzlei wie brandt.legal oder anderer Massenabmahner vor, sollten Sie sich rechtlichen Beistand suchen. Eine anwaltliche Abmahnung ist ungeachtet seines Inhalts stehts ernst zu nehmen und zu beantworten, da sie unbegründete Forderungen nicht auf sich sitzen lassen sollten. Bei Untätigkeit drohen in der Regel kostspielige Gerichtsverfahren.

Können wir Ihnen weiterhelfen?

Haben Sie eine Abmahnung erhalten und benötigen Rechtsberatung, helfen wir Ihnen gerne weiter! Kontaktieren Sie uns telefonisch unter 0511 374 98 150 oder per E-Mail unter kontakt@recht-im-internet.de.

Marva Pirweyssian

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