Die Anwendung der Lizenzanalogie stellt im Rahmen des Urheberrechts schon lange eine zur Berechnung des Schadensersatzes beliebte Methode dar. In einer vor kurzem ergangenen Entscheidung hat der BGH sich erneut mit den Details dieser Berechnungsmethode auseinandergesetzt.
Die Hintergründe
Gegenstand des Rechtsstreits war die unbefugte Nutzung von Stadtplänen seitens der Beklagten. Die Klägerin, welche über die Urheberrechte verfügt, bietet die Pläne nämlich gegen die Zahlung von Lizenzgebühren an. Die Beklagte verwendete die Stadtpläne, um die Lage ihres Beratungsunternehmens auf der eigenen Website zu beschreiben. Für die Verwendeten Kartenabschnitte zahlte sie keine Lizenzgebühren an die Klägerin.
Aufgrund der Abmahnung der Klägerin gab die Beklagte zwar eine Unterlassungserklärung ab, die geltend gemachte Forderung, insbesondere die Lizenzkosten, wurden jedoch nicht bezahlt. Da im Verfahrensverlauf die angesetzte Lizenzgebühr sogar nach unten korrigiert wurde musste maßgeblich darüber entschieden werden, wie beim Urheberrechtsverstoß der Schadensersatz zu bemessen ist.
Die Entscheidung des BGH
Die Lizenzanalogie dient als oft herangezogenes Mittel zur Schadensersatzberechnung im Urheberrecht. Dabei wird der Gedanke zugrunde gelegt, dass der Betrag, der beim Abschluss eines Lizenzvertrages als Vergütung fällig geworden wäre, nun vom Rechtsverletzer an den Urheber ausgezahlt werden soll. Hierfür wird grundsätzlich immer die Summe herangezogen, die ein vernünftiger Lizenzgeber in Anbetracht der derzeitigen Lage sowie der gebotenen Leistung hätte einfordern können.
Dieser vermeintlich objektive Richtwert ist nun jedoch nach dem BGH-Urteil in bestimmten Fallkonstellationen anders zu ermitteln. Hier handelte es sich nachweislich um eine Klägerin, die verhältnismäßig wenige Lizenzverträge abschließt, jedoch durch Schadensersatzklagen gegen Nutzer, die unberechtigt ihre Leistungen verwenden, erhebliche Gewinne verzeichnen kann. Dies bedeutet, dass die geltend gemachte Lizenzgebühr sich in der Höhe noch gar nicht wirklich am Markt durchgesetzt hat. Die Klägerin hat den Rechtsverletzern im Nachhinein regelmäßig eine Nachlizensierung gegen Entgelt angeboten und im Austausch dafür weitere rechtliche Schritte ausbleiben lassen. Somit stellte sich für den BGH die Frage, ob in Konstellationen, bei denen ein Lizenzvertrag regelmäßig erst nach einer Abmahnung entsteht, der Vergütungsanspruch im Rahmen der Lizenzanalogie auf dieser Basis ermittelt werden darf. Konkret stellt das Gericht fest:
„Eine Lizenzierung nach Verletzung ist nicht ohne weiteres geeignet, den objektiven Wert der bloßen (zukünftigen) Nutzung zu belegen; entgolten wird damit regelmäßig mehr als nur die einfache Nutzung. Die nach einer Verletzung vereinbarten „Lizenzgebühren“ stellen nicht nur die Vergütung dar, die vernünftige Parteien als Gegenleistung für den Wert der künftigen legalen Benutzungshandlung vereinbart hätten; vielmehr bilden sie darüber hinaus regelmäßig eine Gegenleistung für die einvernehmliche Einigung über mögliche Ansprüche aus der vorangegangenen Rechtsverletzung.“
Damit ist festzustellen, dass der vertraglich vereinbarte Lizenzsatz und der marktübliche Vergütungssatz nicht immer miteinander gleichzusetzen sind. Entscheidend sei der Betrag, der sich innerhalb der Branche festgesetzt hat. Generell wird der tatsächliche Marktwert – notfalls auch durch ein Gutachten – bestimmt werden müssen. Eine Schätzung darf allenfalls dann in Frage kommen, wenn kein anderes Mittel zur Wertbestimmung mehr verbleibt.
Ausblick
Insgesamt ist die Entscheidung des BGH wohl zu begrüßen. Gerade im Hinblick auf das Zustandekommen von Verträgen nach einer Abmahnung stellt das Gericht zutreffend fest, dass die Beklagte durch die gegebenen Umstände stets als deutlich stärkere Vertragspartnerin auftritt und ihrem Gegenüber daher die ihrerseits festgelegte Lizenzgebühr „aufdrücken“ darf, während bei der Gegenseite von freier Vertragsausgestaltung nicht die Rede sein kann. Schließlich stecke der Rechtsverletzerin einer Zwickmühle, aus welcher er nur durch Annahme der Nachliezensierung herauskommt, um weiteren rechtlichen Ärger zu vermeiden. Somit wird abmahnmissbräuchlichem Verhalten im Ergebnis positiv vorgebeugt.
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