Die DSGVO bietet als wichtiges Mittel zur Durchsetzung der eigenen Datenschutzrechte die Möglichkeit, Informationen über die eigene Person löschen zu lassen. Trotz klarer Maßstäbe, nach denen die Löschung erfolgen muss, stellt die Umsetzung oft ein großes Problem dar, zumal viele Betroffene aus den unterschiedlichsten Gründen die Datenlöschung anstreben. Gerade bei Löschanfragen, die frei im Internet zugängliche Informationen betreffen, stellt sich die Frage, wie weit dieser Anspruch in der Praxis geht.
Mit dem Recht auf Löschung setzt sich derzeit auch der Bundesgerichtshof in einem anhängigen Verfahren auseinander, in dem es um die Löschung im Internet getätigter Aussagen geht.
Der rechtliche Rahmen im Überblick
Um die Entscheidung des BGH zu verstehen, macht es Sinn, das Recht auf Löschung zunächst näher zu betrachten. Dieses entspringt aus Art. 17 DSGVO, nach welchem man die vollständige Entfernung von personenbezogenen Daten einfordern kann, sofern die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür gegeben sind. Die wichtigsten Gründe für eine Löschung sind der Zweckentfall, für den Daten ursprünglich erhoben wurden, der Entzug der Einwilligung sowie die unrechtmäßige Verarbeitung von Informationen.
Jede Erhebung von personenbezogenen Daten muss einem klaren Zweck dienen. Wenn die gesammelten Daten nicht mehr für die ursprünglich festgelegten Nutzen benötigt werden, muss der dafür Verantwortliche sie löschen. Insbesondere hat er sie zu entfernen, falls keine Einwilligung (mehr) vorliegt oder er die Informationen nie erheben durfte. Das Speichern von Daten ohne rechtliche Grundlage stellt nämlich stets eine Verletzung des Art. 6 DSGVO dar, welcher zwingende Bedingungen für die Datenverarbeitung setzt. Demnach sind neben Zweck und Einwilligung unter anderem auch die Datenverarbeitung zur Vertragserfüllung oder die Informationssammlung aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung wichtig. Liegt keiner der in Art. 6 genannten möglichen Gründe im Einzelfall vor ist die Nutzung der Daten auch nicht rechtskonform. Ein Löschungsanspruch kann sich auch aus besonderen Rechtsvorschriften, etwa im Steuer- oder Arbeitsrecht, mittelbar ergeben. Dort sind oft Aufbewahrungsfristen für Geschäftspapieren, Rechnungen oder Bewerbungsunterlagen zu finden. Die dazu gehörenden Dokumente sind dann verpflichtend nach den Rechtsnormen eine feste Anzahl an Jahren unbedingt aufzubewahren – ist die Frist jedoch verstrichen entfällt die Rechtsgrundlage für die Speicherung, sodass eine Löschung eingefordert werden kann, falls der Verantwortliche dies nicht selbst erledigt.
Dem Löschungsinteresse stehen jedoch auch immer Interessen der datenverarbeitenden Stelle entgegen. Die bereits dargelegten Rechtsgründe können genauso gut umgekehrt dazu dienen, eine weitere Datensammlung zu legitimieren. Besonders relevant ist das sogenannte berechtigte Interesse i.S.d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. f) DSGVO, da es dem Betroffenen als Speichergrund entgegengehalten werden kann. Als berechtigtes Interesse kann jedes rechtliche, tatsächliche oder wirtschaftliche Bestreben seitens des Datensammlers in Frage kommen. Was genau dieses Interesse nun ist kann von Fall zu Fall gänzlich unterschiedlich sein. Mal geht es dem Verantwortlichen um die Betreibung von Marktforschung, in anderen Konstellationen wird die freie Meinungsäußerung als Grund vorgetragen.
Der Rechtsstreit vor dem BGH
Zurück zum eingangs erwähnten Gerichtsverfahren (VI ZR 476/18), indem über den Inhalt von Online-Artikeln der Beklagten verhandelt wurde. Bei dieser handelt es sich um ein Unternehmen, welches unter anderem auf seiner Website kritische Beiträge zum Geschäftsmodell der Klägerseite veröffentlicht hat. Die Kläger erstreben nun eine Löschung der Inhalte an und berufen sich vor allem darauf, dass der Kernvorwurf der Beklagten, bei den Klägern würde es sich um Betrüger und Erpresser handeln, keiner Beweisprüfung standhalten könne. Darüber hinaus wird die vermeintlich bewusst fehlleitende Nutzung von Thumbnails gerügt, durch die schon beim Klicken auf den Artikel etwas suggeriert werden würde, was tatsächlich gar nicht im Beitrag vorkäme. Damit ist nun zu klären, wie weit Berichterstattung gehen darf, wenn der Wahrheitsgehalt der Aussagen noch ungeklärt ist.
Das Verfahren wurde zunächst ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, da die DSGVO Unionsrecht darstellt und dies bedeutet, dass es möglichst einheitlich in allen Mitgliedstaaten angewendet werden muss. Der EuGH muss daher nun in einer Grundsatzfrage die maßgebliche Entscheidung fällen. Zur Lösung dieses Problems scheint zumindest der BGH es als unumgänglich zu erachten, die Vorwürfe inhaltlich zu prüfen. Dies liegt daran, dass Art. 17 Abs. 3 DSGVO Rechtsgründe benennt, welche die normalerweise benötigte Berechtigung zum Datenerheben obsolet machen. Unter anderem kann dies in Form von Ausübung des Informationsrechts der Fall sein. Wären also die Anschuldigungen tatsächlich haltlos kann die Beklagte nicht entgegenhalten, dass sie ihren Bericht zu Informationszwecken verfasst hat und er deshalb weiter im Internet existieren darf. Im Umkehrschluss dürften die Artikel weiterhin auch entgegen des Willens der Kläger online bleiben, wenn sie wahr sind und damit der Information dienen, deswegen ausnahmsweise Art. 17 Abs. 3 DSGVO greift. Daher hat der BGH dem EuGH die Frage vorgelegt, ob in einer derartigen Konstellation zunächst Rechtsschutz durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung erlangt werden kann oder muss. Eine einstweilige Verfügung diene eben genau dem Zweck, vorläufig auf Anordnung des Gerichts zum Schutz des Rechtsfriedens entscheidende Fragen des Verfahrens konkret klären zu lassen. Insgesamt bleibt spannend, wie weit das Persönlichkeitsrecht beim Anspruch auf Datenlöschung greift.
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Super geschriebener und informativer Artikel :-). Eine sehr gute Aufstellung. In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen