von stud. iur. Marva Pirweyssian und Dipl.-Jur. Niklas Mühleis, LL.M.
Im Rahmen des letzten Konjunkturpakets der Bundesregierung wurde die Senkung der Mehrwertsteuer beschlossen, konkret sollen ab dem 01.07. bis zum Ende des Jahres 16 % statt 19 %, für den reduzierten Steuersatz anstelle von 7 nur 5 % veranschlagt werden. Diese Maßnahme soll den Konsum anregen und den durch die Covid-19 Pandemie entstandenen wirtschaftlichen Schaden begrenzen.
Pflichten zur korrekten Angabe
Diese gut gemeinte Steuersenkung könnte für zahlreiche Unternehmer unerwünschte Folgen mit sich ziehen. So besteht für Gewerbe, etwa für Online-Shops, gemäß § 1 Abs. 1 PAngV (Preisangabenverordnung) die Pflicht die Preise für sämtliche Waren und Dienstleistungen inklusive der zu entrichtenden Umsatzsteuer anzugeben. Spätestens, wenn auf der Kaufübersicht oder Rechnung die Aufschlüsselung des zu entrichtenden Preises inklusive der Mehrwertsteuer erfolgt, muss diese in ihrer Höhe korrekt angegeben werden. Nun besteht angesichts der bevorstehenden Maßnahmen die Sondersituation, dass innerhalb eines halben Jahres sich dieser Satz zweimal ändern wird.
Abmahngefahr voraus
Bei diesen eng getakteten und zudem auch recht kurzfristig angekündigten Änderungen ist zu befürchten, dass viele Händler die Änderung nicht rechtzeitig übernehmen und grade ihre Online-Shops nicht pünktlich die neuen Steuerbeträge in ihre Angebote mit einbeziehen. Dies kann unter Umständen teuer werden, denn wer die Angabe über die Mehrwertsteuer nicht anpasst läuft Gefahr, dafür nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) abgemahnt zu werden. Der Unterlassungsanspruch von Mitbewerbern, welche eine solche Abmahnung aussprechen lassen könnten, stützt sich hierbei auf die Täuschungswirkung eines falschen bzw. fehlenden Umsatzsteuersatzes. Die Zulässigkeit einer Abmahnung in ähnlichen Fällen wurde bereits gerichtlich festgestellt (LG Bochum v. 03.07.2012 – 17 O 76/12).
Selbst in solchen Fällen in denen Händler die Senkung des Mehrwertsteuersatzes verpasst haben sollten und aufgrund dessen die Angaben hierzu nicht geändert haben, könnte eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a UWG angenommen werden.
Eine solche Irreführung, aus welchem Grunde auch immer sie erfolgt, stellt stets einen Wettbewerbsverstoß dar, welcher grundsätzlich abmahnbar ist. Hinzu kommt, dass der Abgemahnte die Kosten der Abmahnung gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu erstatten Durch eine einzelne Abmahnung können daher schnell Kosten in Höhe von mehreren Hundert Euro entstehen.
Abmahnungen in der Vergangenheit
Bereits in der Vergangenheit gab es bereits diverse Abmahnungen im Bereich der Mehrwertsteuer. Insbesondere der Verbraucherschutzverein gegen unlauteren Wettbewerb e.V. hat bereits eine Abmahnung aussprechen lassen, wenn der Zusatz “inkl. MwSt.” bei Preisen von gewerblichen Händlern schlicht vergessen wurde.
Die aktuelle Rechtslage im Blick behalten
Es ist daher dringend zu raten die Änderungen konsequent und zum kommenden Monat umzusetzen, um potenziellen Abmahnärger vorzubeugen. Auch die geplante Umstellung der Umsatzsteuer auf den alten Satz von 19% sollte im Blick behalten werden. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Änderungen der Rechtslage von böswilligen Mitbewerbern schnell dafür ausgenutzt werden, um reihenweise Abmahnungen auszusprechen.
Es muss nicht bereits in der Produktübersicht der korrekte Umsatzsteuersatz angegeben werden. Hierfür reicht ein allgemeiner Hinweis, darauf dass der Kaufpreis inklusive der Umsatzsteuer gilt. Doch spätestens bei der Aufschlüsselung der Kosten auf der Rechnung muss der aktuell geltende Umsatzsteuersatz angegeben werden.
Ist es wettbewerbswidrig, wenn man Stand April 2021 immer noch eine Umsatzsteuer von 16% angibt?