Hatespeech im Netz hat sich zu einer ernsthaften gesellschaftlichen Herausforderung entwickelt. Das spiegelt sich auch in der Anzahl der politisch motivierten Straftaten gegen Mandatsträger wider. Sie ist im Jahr 2021 um 62,72% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Deutsche Gerichte haben nun neue Grenzen festgesetzt.

Was ist Hatespeech?

Hatespeech ist eine Aussage, die eine gezielte Herabsetzung bestimmter Personen oder Personengruppen verfolgt. Liegt ein solcher Fall vor, tritt die Meinungsfreiheit regelmäßig hinter die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen. Um dies zu bewerten, sind sowohl Kontext als auch Zweck der Äußerung zu betrachten.

Netzwerkbetreiber Twitter treffen mehr Pflichten

Am 14.12.2022 traf das LG Frankfurt eine Eilentscheidung  im Rechtsstreit zwischen dem Antisemitismus-Beauftragten des Bundeslandes Baden-Württemberg Michael Blume und der Beklagten Twitter – zugunsten des Klägers. Laut den Aussagen unter seinem Account habe er unter anderem „eine Nähe zur Pädophilie“, „einen Seitensprung gemacht“ und sei „Teil eines antisemitischen Packs“.  Blume verlangte die Löschung dieser ehrverletzenden Tweets. Darüber hinaus forderte er die Entfernung von Kommentaren mit inhaltsgleichen Angaben und ein Verbot von zukünftigen Veröffentlichungen dieser Art. Twitter sperrte daraufhin die Accounts der Verfasser, löschte aber nicht die Beiträge selbst.

Das LG Frankfurt entschied, die beleidigenden Posts auf Twitter sind zu löschen; eine Sperrung des Accounts reicht nicht aus. Grundsätzlich hielt das Gericht fest: Betroffene von Beleidigungen und Falschbehauptungen auf Twitter dürfen verlangen, dass der Plattformbetreiber derartige Einträge löscht. Bei der Verbreitung von mehr als zehn Mal innerhalb von 24 Stunden müsse Twitter von sich aus eingreifen, ansonsten drohe ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro. Hierbei treffe den Provider aber kein allgemeiner Zwang zum Monitoring (dauerhafte Überwachung). Die Prüfpflicht gelte nur für konkret beanstandete Persönlichkeitsrechtsverletzungen.

EuGH: Entfernung sinngleicher Inhalte

Das LG Frankfurt orientierte sich im Fall Blume an einer Grundsatzentscheidung des EuGH vom 3. Oktober 2019. Der EuGH entschied, dass Betreiber von Internet-Diensten dazu verpflichtet werden können, nicht nur rechtswidrige Äußerungen von ihrer Plattform zu löschen, sondern auch nach weiteren wort- und sinngleichen Inhalten zu suchen und diese ebenfalls zu entfernen. Dem Anbieter solle aber die Möglichkeit bleiben, auf automatisierte Techniken zurückzugreifen, um seiner Pflicht nachzukommen.

Voller Erfolg im Fall Künast gegen Hatespeech

Im Oktober 2022 gewann Renate Künast ihren Rechtsstreit gegen Facebook. Sie beanstandete neben Beleidigungen auch wahrheitswidrige Behauptungen. Künast hatte mit Unterstützung der Organisation Hateaid bereits drei Jahre lang gestritten, um die Nutzerdaten aller Verantwortlichen von Facebook zu bekommen. Die Berliner Zivilgerichte argumentierten, dass die Klägerin Widerstand provoziert habe und mit derartigen beleidigenden Äußerungen rechnen müsse. Künast zögerte nicht lang und zog vor das Bundesverfassungsgericht. Hier verwiesen die Richter den Rechtsstreit zur Neuentscheidung an das Berliner Kammergericht. Sie merkten an, dass die Äußerungen Persönlichkeitsrechtsverletzungen enthielten und die Vorgaben aus Karlsruhe Berücksichtigung finden sollten.

Am 31.10.2022 beschloss das Beschluss KG Berlin, dass Facebook nun auch die restlichen Nutzerdaten der Verfasser herauszugeben hat. Falschbehauptungen seien bereits aus objektiver Sicht nicht für einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung geeignet, da sie sich gar nicht auf eine Aussage eines Politikers beziehen können.

Sowohl die Entscheidung für Künast als auch für Blume schärfen die Anforderungen an Betreiber von Social-Media-Plattformen und stärken daher die Rechtssicherheit.

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