Bild: Generiert mit Midjourney von Joerg Heidrich

Das Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) (Drs. 20/3442) wird mit Spannung im Mai dieses Jahres erwartet. Nachdem der Bundesrat erst seine Zustimmung verweigerte, spaltete die Bundesregierung das Gesetz in zwei Teile, um jegliche nichtzustimmungspflichtigen Vorschriften durchzubringen. Diese betreffen in erster Linie Hinweisgebende aus der freien Wirtschaft und Bundeseinrichtungen. Beamt*innen müssen zunächst weiter auf maßgebliche Vorschriften warten, da für sie die Zustimmung des Bundesrates unumgänglich ist. Durch die Neuregelungen erhofft sich die Bundesregierung besseren Schutz für Hinweisgeber*innen (Whistleblower) im Arbeitsumfeld.

Entstehung des HinSchG

Der Bund setzt mit seinem Vorhaben die Hinweisgeberschutz-Richtlinie der Europäischen Union zumindest teilweise um (RL (EU) 2019/1937), was bereits seit Dezember 2021 hätte geschehen müssen.  Aufgrund dieses Fristversäumnisses hat die EU-Kommission schon im Januar 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. Nun soll das HinSchG die Rechte von Whistleblowern stärken, indem es diese insbesondere vor Vergeltungsmaßnahmen wie Abmahnungen, Mobbing am Arbeitsplatz oder ähnlichem schützt und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche begründet. Da die Richtlinie nach wie vor nicht vollständig umgesetzt wurde, befindet sich die Bundesrepublik auch nach dem Inkrafttreten des HinSchG nach wie vor im Verzug.

Wen betrifft das HinSchG? Was müssen Betroffene tun?

Potenzieller Hinweisgeber ist jeder, der zusammenhängend mit seiner Berufstätigkeit an Informationen über Rechtsverstöße gelangt ist, welche bei den entsprechend zu diesem Zweck vorgesehenen Meldestellen anzuzeigen sind. Der Personenkreis ist dadurch äußerst weit gefasst. Inhaltlich wird ebenfalls ein großes Spektrum an Themengebieten abgedeckt – von Umwelt- und Verbraucherschutzrechten auf Bundes- oder Landesebene bis hin zu Verstößen gegen Unionsrecht soll das HinSchG allen Hinweisgebern Schutz bieten. Insbesondere gilt dies für Verletzungen von Leib und Leben oder Gesundheit.

Hinweisgebende Personen genießen ab Meldungseingang Schutz vor Repressalien, es wird aufgrund dessen generell vermutet, dass jegliche Benachrichtigungen des Meldegegners an den Hinweisgeber „im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit“ stehen und der Sanktionierung der Betroffenen dienen. Derartige Benachrichtigungen sind etwa Kündigungen, Abmahnungen oder Mitteilungen über Arbeitsplatz- sowie Zeitenänderungen. Gemäß § 36 Abs. 2 HinSchG wird in diesen Fällen vom Hinweisgeber eine Darlegung von „hinreichend gerechtfertigten Gründen“ zur Rechtfertigung für die Mitteilung verlangt, andernfalls werde das Handeln als Unterdrückungsversuch gewertet und ein Schadensersatzanspruch begründet.

Bloße Ordnungswidrigkeiten sind beispielsweise das Nichteinrichten interner Meldewege oder jegliches Behindern der Kommunikation zwischen Hinweisgeber und Meldestelle. Die Bußgeldhöhen sollten keinesfalls unterschätzt werden – so kann das Nichteinführen einer internen Meldestelle den Verantwortlichen bis zu 20.000 € kosten. Allerdings bedeutet dies nicht, dass Hinweisgeber grenzenlosen Schutz genießen. Das vorsätzliche oder grob fahrlässige Offenlegen unrichtiger Informationen durch den Hinweisgeber führt im Sinne des § 38 HinSchG zu Schadensersatzansprüchen.  

Wer muss einen Meldeweg einführen?

Des Weiteren regelt das HinSchG die wesentlichen Anforderungen an das geplante Hinweisgeberverfahren. Der Gesetzgeber fordert, dass Hinweisgeber ihr Anliegen bei einer internen oder externen Meldestelle darlegen, wobei Meldungen bei externen Stellen auch anonym eingereicht werden können. Juristische Personen des privaten oder öffentlichen Bereichs mit mindestens 50 Mitarbeitern haben interne Meldewege zur Mitteilung von Rechtsverstößen einzurichten. Unabhängig von der Größe des Unternehmens gilt dies ebenfalls für Firmen aus der Finanz- und Versicherungsspate, Börsenhändler, Immobilienmakler und Berufstätige aus einigen weiteren Bereichen.

Nach derzeitigem Stand des Gesetzesentwurfs ist für den Arbeitgeber nicht vorgesehen, dass dieser eine anonymisierte Abgabe von Meldungen bei internen Stellen verpflichtend ermöglichen muss. Nichtsdestotrotz sind die personenbezogenen Daten des Hinweisgebers in jedem Fall vertraulich zu behandeln. Der Hinweisgeber hat sich dennoch vorrangig an die internen Meldestellen zu wenden, da Konflikte vorzugsweise durch den Arbeitgeber selbst gelöst werden sollen. Externe Meldestellen sollen unter anderem beim Bundesamt für Justiz, der Finanzdienstleistungsaufsicht, dem Bundeskartellamt und weiteren Behörden spezieller Ausrichtung aufgebaut werden. Auf Grundlage von Meldungen entscheiden die Meldestellen über etwaige Folgemaßnahmen in Form von internen Untersuchungen, Weiterleitungen an andere, tatsächlich zuständige Meldestellen oder Verfahrenseinstellungen.

Das Entscheidende im Überblick    

Auf Grundlage der vorangegangenen Erläuterungen stellen wir Ihnen die entscheidenden Regelungen wie folgt zusammen:

  • Meldestellen

Das HinSchG sieht das Bestehen von internen sowie externen Meldestellen vor. Interne Meldestellen sind durch Betriebe entsprechender Größe eigenverantwortlich zu errichten, Verstöße können mit Bußgeld geahndet werden. Anonym eingereichte Meldungen sind bearbeitungspflichtig. Dem Hinweisgeber muss der Eingang seiner Meldung bestätigt werden.

  • Vertraulichkeit und Beweislastumkehr

Der Hinweisgeber genießt Identitätsschutz, solange er nicht aufgrund von grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten eine Falschmeldung abgegeben hat. Wird der Hinweisgeber zur Zielscheibe von Repressalien jeglicher Art, so ist zu dessen Gunsten zu unterstellen, dass der Grund hierfür die Meldung ist. Im Zweifel muss der Arbeitgeber die Zusammenhangslosigkeit zwischen Meldung und Sanktionierung des Arbeitnehmers beweisen.

  • Schadensersatz und Bußgeld

Verstöße gegen die wesentlichen Vorgaben des HinSchG werden als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet. Schwere Verstöße, etwa gegen das Repressalienverbot, begründen Schadensersatzansprüche zugunsten des Betroffenen.

Fazit

Die prekäre Rechtslage für Whistleblower wird durch das HinSchG endlich auch auf nationaler Ebene bearbeitet, sodass zumindest mehr Rechtssicherheit für Betroffene besteht. Problematisch ist für die Praxis insbesondere die Frage des „Wie“ hinsichtlich der Umsetzung von internen Meldestellen durch die hierzu verpflichtenden Betriebe. Zwar ist es darüber hinaus sinnvoll, Konflikte vorrangig intern klären zu wollen, weshalb das Einreichen von anonymen Meldungen auf internem Wege jedoch keine Rechtspflicht ist, erschließt sich nicht. Schließlich kann es keinen unverhältnismäßigen Mehraufwand darstellen, nach dem ohnehin verpflichtenden Aufbau eines internen Meldewegs eine anonyme Abgabemöglichkeit anzubieten.

Unabhängig von den inhaltlichen Bedenken des HinSchG stellt auch das Vorgehen der Bundesrepublik hinsichtlich der Zweiteilung des ursprünglichen Gesetzesentwurfs ein großes Fragezeichen dar. Gerade für den Fall, dass der Bundesrat seine Zustimmung für Schutzgesetze unter Beamt*innen nicht erteilt, entsteht eine Rechtslage, in der eine Personengruppe unter dem Schutz von Vorschriften steht, während es eine andere nicht schützt, auch wenn beide Gruppen in derselben Behörde arbeiten. Eine derartige Ungleichbehandlung inhaltlich gleicher Sachverhalte stellt stehts die Problematik einer Ungleichbehandlung entgegen des Art. 3 GG auf. Schlimmstenfalls droht dadurch die Verfassungswidrigkeit des HinSchG, wodurch das gesamte Gesetz neu aufgearbeitet werden müsste.

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